Auf der einen Seite wollen wir gut und angemessen verdienen, auf der anderen Seite billig einkaufen. Dass hinter diesen „Billigprodukten“ Menschen stehen, die tagtäglich für geringen Lohn uns dieses „billig“ erst ermöglichen, verdrängen wir meistens. Wir kaufen in anonymen Ketten, statt beim Händler um die Ecke ein, wir shoppen in seelenlosen Räumen, in denen es an jeglicher Menschlichkeit, Wertschätzung für Kunden und Mitarbeiter fehlt. Wir freuen uns über billige Schnäppchen und zeitgleich beschweren wir uns über die geringe Bereitschaft der Arbeitgeber, mehr Lohn zu zahlen, oder über die Verlagerung der Produktionsstätten in sogenannte Billiglohnländer. Wir zeigen uns entsetzt, wenn bekannt wird, dass Produkte durch Kinderarbeit und unter menschenverachtenden Bedingungen hergestellt werden.
Nur noch selten ist uns bewusst, wie viele Menschen, an der Herstellung eines Produktes beteiligt waren. Wir leben im Überfluss und bemerken es kaum noch. Ramsch wird häufig nicht mehr von wertbeständigen Produkten unterschieden, so wie auch der eigene Wert nicht mehr erkannt wird.
Discounter werben mit Aktionstagen, an denen es Qualitätsprodukte zu wesentlich günstigeren Preisen als im Fachmarkt gibt – und wir stehen bereits vor der Tür, um den Laden zu stürmen, sobald er seine Türen öffnet.
Produktvergleiche zeigen, dass die angebotenen Produkte im Discounter der gleichen Qualität entsprechen, wie denen im Fachhandel. Wieso sollten wir in einem Fachhandel den zweifachen Preis für die gleiche Leistung bezahlen? Werde ich da nicht über den Tisch gezogen?
Nein. Wir zahlen mit unserem Geld nicht nur den reinen Produktwert, sondern auch die erbrachte menschliche Leistung, die freundliche Bedienung, die qualitativ hochwertige Beratung, die angemessene Entlohnung- oder anders ausgedrückt – BeLOHNung der Mitarbeiter.
Sicher kitzelt die Jagd nach billigen Produkten auch unseren Spar- und Sammeltrieb, schliesslich zielt das Marketing auch auf unsere Bedürfnisse ab und suggeriert uns, für weniger Geld scheinbar mehr zu bekommen.
Mit Mangeldenken wird jedoch selten wertbewusst und integer gehandelt. Indem wir uns vorwiegend am Preis orientieren, beweisen wir uns selbst, dass der Mensch und die menschliche Arbeitsleitung immer weniger wert sind.
Unsere (oft unbewussten) Ängste, selbst weniger zu verdienen, irgendwann keinen Arbeitsplatz mehr zu haben, ersetzbar zu sein … werden grösser, während unser Vertrauen und das eigene Sebstwertempfinden schrumpfen.
Überzeugungen, die wir dem Leben gegenüber haben:
Je nachdem wie Eltern oder nahe Bezugspersonen mit Geld umgegangen sind. War Geld wichtiger als Liebe und Anerkennung? Wurde Leistung belohnt? Wurde versucht, mit Geld oder Geschenken ein Ausgleich für mangelnde Zeit zu schaffen? Wie wurde über Menschen mit viel/wenig Geld gesprochen?
Wenn wir im Sparmodus denken, schränken wir unsere Gedanken und Handlungen ein. Wir beweisen uns damit selbst, dass nicht genug für alle vorhanden ist. Wenn wir jedoch beginnen, die Zeit, die wir bisher mit Preisvergleichen vertan haben, zu nutzen, uns Gedanken darüber zu machen, wie wir für andere Menschen einen grösseren Mehrwert schaffen können, wie wir im eigenen Unternehmen oder für die eigenen Kunden noch wertvoller werden – dann wächst unser Potential, unsere Kreativität, unsere Begeisterung, unser Tatendrang.
Mit wertbewusstem Handeln gelangen wir in jeder Situation einfacher aus der Krise, als mit Einsparungen und stark schwindendem Selbstwertempfinden. Wo sollten wir denn auch noch einsparen, wenn gerade genug vorhanden ist? Auch in Zeiten finanzieller Engpässe können wir wertbewusst handeln. Anstatt billigste Produkte, die nach kürzester Zeit wieder auf dem Müll landen, zu kaufen, gibt es zum Beispiel die Möglichkeit Gebrauchtwaren einzukaufen, Tauschbörsen zu nutzen und sich stets wieder zu fragen: Brauche ich das, was ich jetzt kaufen möchte, wirklich? Oder treibt mich nur ein Gefühl des Mangels an?
Im Leben scheitert nichts wirklich am Geld, nur an einem Mangel an Vertrauen oder Wertschätzung. Und wenn die Zeiten gerade etwas herausfordernder sind, dann haben wir dennoch alles in uns, um diese Herausforderungen meistern zu können.